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Tsalmaia, Weissenstein
Visionen mit Leben erfüllen:
Israel 2000 plus
"Von dem Tag an, an dem der
Tempel zerstört wurde", so
heißt es im
Talmud, "wurde die Fähigkeit
zur Weissagung von den
Propheten genommen und den Narren
und Kleinkindern gegeben." Mit
anderen Worten, sieht die jüdischen Tradition
heute, eine wenig
ernsthafte Angelegenheit in der
Prophezeiung, und wer klug ist,
sollte sich von ihr fernhalten.
Die vollkommen unerwartete Serie von
Umwandlungen, die sich während der
letzten Jahre in unserer Welt
ereignen, ermuntern nicht gerade
dazu es trotzdem einmal zu
versuchen, ganz egal ob es um die
Politik oder um die mindestens so
dynamische Welt der
Wissenschaft und Technik geht.
Die
Generation, die das Wesen Israels im
21. Jahrhundert formen wird, ist im
Aufbruch.
Aber trotzdem - trotz aller
Überraschungen, Enttäuschungen und
Unsicherheiten begeben wir uns auf
das gefährliche Parkett der
Vorraussagen und entwerfen einen
Blick in die nahe Zukunft, in's
Israel des 21.
Jahrhunderts.
Vorhersagen wagen?
Israel 2000 plus
Im letzten Teil der
Unabhängigkeitserklärung des Staates
Israel, auf dem Höhepunkt eines
bitterlichen Krieges und nur wenige
Stunden vor dem
überraschenden Einfall der
arabischen Armeen in das Gebiet des
neugeborenen Staates, heißt es:
"Wir reichen die Hand zum Frieden
und zu guter Nachbarschaft mit allen
Nachbarstaaten und -Völkern und
rufen sie zu Zusammenarbeit und
freundschaftlicher Hilfe mit dem
hebräischen, in seinem Land
unabhängigen, Volk auf. Der Staat
Israel ist bereit, seinen Teil zu
den gemeinsamen Bemühungen, um den
Fortschritt des gesamten Nahen
Ostens beizutragen."
Schalom
- das offizielle Plakat zum 30.
Unabhängigkeitstag Israels (1978).
Der Buchstabe "Lamed" (hier rot)
steht im hebr. Alef-Beth für die
Zahl 30.
Doch die ausgestreckte Hand wurde zu
dieser Zeit nicht angenommen, und
das Schwert nicht in die Scheide
zurückgesteckt. Der Krieg dauerte in
unveränderter Härte an und
entzündete sich während seiner
mehrjährigen Dauer mehr als einmal
neu. Und trotz allem besteht eine
feste Grundlage für die Hoffnung,
dass Israel im 21. Jahrhundert ein
Israel sein wird, das im Frieden
lebt.
DER WEG ZUM FRIEDEN
Diese Hoffnung ist verankert in
der altertümlichen und tief
verwurzelten jüdischen Tradition,
die dem Frieden grosse Bedeutung
zukommen lässt, und die das Wort
Schalom ("Frieden") als
alltäglichen Gruss des Menschen
festlegte.
Diese Hoffnung erhebt sich im
Grunde aus der Tatsache, dass der
Staat auf dem Schlachtfeld um seine
Gründung kämpfen musste und dort
unter Beweis setzte, dass er mit
roher Gewalt nicht zu überwinden
ist.
Diese Hoffnung lehnt sich an die
Vermutung an, dass die Weite des
Nahen Ostens ein geeignetes Feld ist
für eine Wende - weg von der
Illusion und hin zum Erkennen der
Wirklichkeit, was schließlich zu
einem Stopp des militärischen
Wettlaufs führt und zur Vertiefung
von gemäßigten und ausgewogeneren
Grundlagen.
Diese Hoffnung nährt sich auch
aus den Veränderungen, die in der
vergangenen Zeit die internationale
Arena bestimmten: der Fall des
Eisernen Vorhangs, der Ersatz des
Gleichgewichts des Schreckens
zwischen den Blöcken durch
Bemühungen hinsichtlich einer
atomaren Abrüstung, die
verdeutlichte Tatsache, dass alle
kultivierten Menschen konfrontiert
werden mit explosiven
gesellschaftlich-wirtschaftlichen
Anspannungen, mit
Umweltverschmutzung,
Fanatismus-Krankheiten, die an
staatlichen Grenzen nicht halt
machen. Doch auch der Nahe Osten ist
nicht mehr das, was er mal war. Und
in seiner neuen Situation, so
scheint es, gibt es große Chancen
für eine Verwirklichung der
Prophezeiung: "Da werden sie ihre
Schwerter zu Pflugscharen und ihre
Spieße zu Sicheln machen."
An dieser Stelle sollten die
Gespräche in Erinnerung gerufen
werden, die Anfang
1949 auf der
Insel Rhodos stattfanden. Nach
Beendigung der Kämpfe des
Unabhängigkeitskrieges trafen dort
Vertreter Israels und Ägyptens zu
Verhandlungen über ein
Waffenstillstandsabkommen, als
Zwischenstufe zwischen dem
Waffenstillstand an der Front und
einer ständigen Regelung, zusammen.
Sie feilschten und stritten sechs
Wochen lang in höchst gespannter
Atmosphäre und unterschrieben dann
ein Gesamtabkommen, das den Weg für
ähnliche Abkommen mit Jordanien,
Libanon und Syrien ebnete.
Zu Beginn
dieses Abkommens heißt es, dass die
Grundlage die Absicht sei, "den
Frieden für Eretz Israel
voranzutreiben und zurückzubringen?
Der Vermittler der Vereinten
Nationen, der amerikanische Diplomat
Dr. Ralph Bunche, gewann sogar ein
Jahr später den Friedensnobelpreis.
Doch der Frieden selbst ließ weiter
auf sich warten. Über 18 Jahre
vergingen, in denen Israel in
völliger Isoliertheit von seinen
Nachbarn lebte, und in denen der
arabische Boykott ausgerufen wurde.
Die Menschen überquerten die Grenzen
nicht, es sei denn aus militärischen
Gründen. Die arabischen Israeli
konnten nicht zu ihrer heiligen
Stadt Mekka pilgern. Territoriale
Entwicklungsmöglichkeiten waren
innerhalb der Umzäunung nicht
gegeben. Der Staat war rundum von
einer feindlichen Mauer umgeben.
Diese Mauer begann infolge des
Sechs-Tage-Krieges zu bröckeln. In
Khartum, der Hauptstadt des Sudan,
entschieden die arabischen
Machthaber über drei berühmte
"Neins" mit denen jeder Kontakt zu
Israel und die Anerkennung des
Staates abgelehnt wurde.
Gleichzeitg öffneten sich die
Brückenübergänge entlang der
jordanischen Landesgrenze für den
Verkehr in beide Richtungen. Und
damit liess die Entfremdung nach.
Völlig offen begann die Ausfuhr
israelischer Waren in die arabische
Welt, und von Zeit zu Zeit kamen
arabische Kranke zur stationären
Behandlung und Operationen nach
Israel.
Pass-Kontrolle an der Allenby-Brücke; Israels Politik, die
Jordan-Brücken offen zu halten,
wurde nach dem Sechs-Tage-Krieg
praktiziert.
Der zweite Friedens-nobelpreis, der
in Richtung Naher Osten vergeben
werden sollte, kam erst 1978. Er
ging an den israelischen
Premierminister Menachem Begin und
an den ägyptischen Staatspräsidenten
Anwar Sadat, beide waren damals für
die Unterzeichnung des "Camp-David-Abkommens"
und dem Friedensvertrag zwischen den
zwei Ländern verantwortlich.
Dieser
Vertrag wurde am 26.3.1979 in
Washington unterzeichnet, eineinhalb
Jahre nachdem Sadat zu einem
dramatischen Besuch nach Jerusalem
kam und dort vor der Knesset sprach.
Beide Seiten, so wurde festgehalten,
werden "jeden in seiner Souveränität
und seiner territorialen Ganzheit
sowie in seiner unbedingten
politischen Unabhängigkeit"
anerkennen. Im Februar 1980 trat
diese Abmachung mit dem Austausch
von Botschaftern in Kraft.
Israelische Touristen begannen nach
Ägypten zu fahren, israelische
Experten errichteten Institute zur
landwirtschaftlichen Beratung, und
umgekehrt begann ägyptisches Öl nach
Israel zu fließen.
Die
drei Partner des Camp-David-Vertrags
(von rechts nach links): Menachem
Begin, Jimmy Carter und Anwar Sadat.
Dieser Friedensvertrag führte zum
jahrelangen Ausschluss Ägyptens aus
der arabischen Liga. Ganz langsam
jedoch begann die Mehrheit der
arabischen Machthaber, die
veränderten Umstände anzuerkennen
und andere Töne verlauten zu lassen.
Zu Beginn der 90er Jahre konnte so
ein globaler Friedensprozess
eingeleitet werden (mitbedingt durch
den Zusammenbruch der Sowjetunion).
Letztendlich brachte der Golfkrieg
neuen Schwung, das Eis zwischen
Israel und seinen Nachbarn zum
Schmelzen zu bringen. Zu der
Tatsache, dass den arabischen
Staaten das Moskauer Waffenarsenal
erneut verschlossen wurde, gesellten
sich die "Scud"-Raketen, die aus dem
westlichen Irak gleichermaßen in
Richtung Riad wie Tel Aviv
abgeschossen wurden, um das Gefühl
einer Notwendigkeit für politische
Abkommen zu verstärken, die das
Gebiet in ein neues Zeitalter führen
würden.
Neues
Leben im Schatten der Scud-Raketen:
Gasmasken auf einer
Entbindungsstation in Jerusalem während des
Golfkrieges.
Vor diesem Hintergrund kam es zum
Friedenskongress, der am 31.10.1991
in Madrid einberufen wurde. Es
begannen direkte Verhandlungen
zwischen Israel und seinen Nachbarn,
und die Risse in der feindlichen
Mauer wurden noch breiter.
Damals
ging man davon aus, dass in den
Jahren 2000 von dieser Mauer nichts
übrigbleiben wird...
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