Recht empfindlich:
Zum Klima PalästinasErschienen in:
Palästina, Monatsschrift für den Aufbau
Palästinas, Jahrgang 7, Nummer 10, 1910.
Meteorologische
Messungen, wie solche teilweise, wenn auch
mangelhaft, schon seit Jahrzehnten an
verschiedenen Stationen Palästinas
angestellt werden, wurden von Fel. Exner
(an der Zentralanstalt für Meteorologie in
Wien) zu einer zusammenhängenden Darstellung
verarbeitet, welche in der "Zeitschrift des
deutschen Palästinavereihes" veröffentlicht
ist. Der Arbeit liegt hauptsächlich ein
systematisch gesammeltes Material von 1896
bis 1905 zugrunde. Es ist damit eine lange
Kette von Arbeiten abgeschlossen, mit
welchen Exner nach dem Tode der früheren
Bearbeiter Dr. Kersten und Valentin betraut
wurde.
Es existieren in Palästina
Stationen in ziemlicher Anzahl im
Westjordanlande, teilweise dem englischen,
teilweise dem deutschen Palästinavereine
unterstellt; so in Jaffa, Sarona, Wilhelma,
Haifa, Gaza, Jerusalem. Nazaret, Hebron in
letzter Zeit auch in den Kolonien Sichron
Jakob und Melhamijeh. Dazu kommen einzelne
Beobachtungen aus verschiedenen Punkten des
Landes. Nur das südliche Jordantal und das
Ostjordenland sind fast gänzlich
unerforscht.
Trotz der überaus
mannigfaltigen geologischen und
Temperaturverhältnisse bildet Palästina doch
in Bezug auf Niederschlag und
Temperaturverteilung ein Gebiet von
einheitlichem Charakter.
Das wichtigste klimatische
Element bildet der jährliche Niederschlag,
welcher von Jahr zu Jahr beträchtlichen
Schwankungen unterliegt. Der Regen ist
hauptsächlich durch Südwestwinde bedingt, ja
es wurde ein Parallelismus zwischen der
Regenmenge des Jahres und der Zahl der in
der Gegend von Gaza wehenden Südwestwinde
beobachtet.
Eine Gegend des tiefsten
Luftdruckes, nach welcher die Windrichtung
zielt, befindet sich im Ostbecken des
Mittelmeeres und erstreckt sich mehr oder
weniger weit über die Küste ins Festland
Syriens hinein. Durch die eigentümlichen
Veränderungen in der Luftdruckverteilung
wird es dann bedingt, daß im Sommer leichte
Westwinde fast ausschließlich vorherrschen,
welche die Sommerwärme zugleich wie auch die
Trockenheit der Luft beträchtlich
vermindern. Im Winter wechseln Ost- und
Westwinde und in Nordpalästina treten
erstere im Winter häufiger auf als die
letzteren.
Der kälteste Monat ist wie
bei uns der Januar, der wärmste der August,
und die Temperatur des Herbstes auffallend
hoch gegenüber der des Frühjahrs. (Mitunter
herrscht im September, selbst im Anfang
Oktober noch recht empfindliche Hitze.) Die
äußersten Werte der Temperatur betrugen z.
B. in Haifa etwa 38,5° und 3,5° im Mittel.
Die jährliche Temperaturschwankung (zwischen
äußersten Werten) beträgt in Palästina
durchschnittlich etwa 40°. Die monatlichen
Temperaturschwankungen sind im Frühling und
Herbst beträchtlicher als im Sommer und im
Winter — der Sommer verläuft überhaupt in
überaus gleichmäßiger Art.
Die höchsten Temperaturen
herrschen im Jordantale. Die höchste,
während der genannten Jahre beobachtete
Temperatur ist die von Tiberias: 45,6° (im
Juni 1899) die tiefste die von Hebron — 7,3°
(im Jänner 1898). Fröste und Schneefälle
gibt es fast nur im Berglande und da nur
zwei- oder dreimal des Jahres. Die höchsten
Einzeltemperaturen treten im allgemeinen
nicht um die Mitte des Sommers auf, sondern
in den Monaten Mai oder Juni, zufolge des
von der Wüste kommenden "Hamsin". Die
Regenzeit dauert von Mitte Oktober bis
Anfang Mai. Natürlich schließt dieselbe
recht viele schöne Tage ein (da auch die
einzelnen Regen gewissermaßen periodisch
auftreten). Im ganzen sind die einzelnen
Niederschläge so intensiv, daß jene
Niederschlagsmenge, welche eine Regenzeit
bringt, nicht wesentlich verschieden ist von
jener, die in Mitteleuropa während eines
Jahres fällt. Doch ist die Abnahme der
Niederschlagsmenge von Norden nach Süden
eine beträchtliche. Der Libanon gehört zu
den niederschlagreichsten Gebieten, Beirut
weist 880 m auf, Gaza nur 420 m (Alexandrien
nur noch 210 mm). Aehnlich wie die
Regenmenge nimmt auch die Dauer der
Regenperiode von N. nach S. ab. Sehr
bedeutend sind aber auch von Jahr zu Jahr
die Schwankungen sowohl der Regenmenge - wie
schon erwähnt als der Zahl der Regentage. So
schwankt z. B. in Jerusalem in den
Beobachtungsjahren die Niederschlagsmenge
einer Regenzeit zwischen 976 mm (1892/93)
und 404 mm (1900/1901), die Dauer derselben
zwischen 245 und 156 Tagen. Früh- und
Spätregen haben ihre besondere Bedeutung
nicht sowohl in Bezug auf ihre Intensität
(diese ist verhältnismäßig gering) als wegen
ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft. (Es
erscheint in der Bibel von höchster
Wichtigkeit, daß der Regen "zu seiner Zeit"
komme.) Gewitter treten nicht allzu häufig
im Spätherbst und Nachwinter auf, in den
Monaten November, Dezember, März, April.
Von der Luftfeuchtigkeit
(welche im allgemeinen recht gering, an der
Küste natürlich höher als im Binnenlande und
im Sommer etwas höher als im Frühling und
Herbst ist) hängt die Verdunstungsstärke ab,
meßbar durch jene Mengen, welche die
ungesättigte Luft noch aufnehmen kann. In
der Regenzeit wird die Verdunstung eben
durch den Niederschlag mindestens
ausgeglichen. Dieser Ausgleich ist ein
solcher, daß, wenn man ein leeres Reservoir
zu Beginn der Regenzeit sowohl dem Regen als
der Verdunstung überlassen würde, dieses
sich erst Ende November dauernd mit Wasser
füllte. Das Maximum der Wassermenge würde
etwa Mitte April eintreten, zu welcher Zeit
auch am Tiberiassee der höchste
Wasserspiegel beobachtet wurde.
Vom Monate Juli an muß
jede Wasseransammlung, die keinen Zufluß
hat, völlig versiegen. Am Toten Meere ist
diese Verdunstung bekanntlich so stark, daß
sie den gesamten Zufluß gerade aufzehrt, so
daß der Spiegel stets ungefähr in gleicher
Höhe bleibt.
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