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Judentum und Israel
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Naaneh, 13. 5. 36.

Jetzt bin ich also schon drei Tage "zu Hause", und dies ist mein erster Brief an Dich. Ich will Dir noch weiter alles von der Reise erzählen.

Am letzten Tag der Reise bin ich sehr früh aufgestanden, um drei Uhr. Da war noch alles dunkel. und weit in der Ferne tauchte ganz regelmäßig ein Licht auf und verschwand wieder: Der Leuchtturm von Haifa, erstes Licht Erez Israels. Und dann sind wir näher gekommen. Die Zeit verging ja so schnell. Dann sahen wir schon einige Lichter und dann . . , ja, dann waren schon ganze Straßenzüge zu erkennen. Und mehr: man erkannte die Straßen, die in das Land hineinführen. Man sah die Lichter der jüdischen Siedlungen an der Haifa-Bay, und dann wurde es hell. Es grüßten uns der Karmel und der Libanon, der Hermon und das Galil. Südlich von Haifa sahen wir die Küstenebene liegen, und die ersten Möwen aus Erez Israel kamen, um uns zu begrüßen.

Und dann waren wir in der Haifa-Bay. Vor uns der Hafen mit den Dampfern und den Kriegsschiffen; dahinter kletterten die Häuser den Karmel hinauf. Da sahen wir all die bekannten Häuser und Gebäude, das Technikum und so viele andere. Ein herrlicher Anblick. Fast alle Passagiere standen mit uns an der vordersten Spitze des Schiffes. Viele hatten ein Käppchen auf dem Kopf und beteten. Wir grüßten unsere Heimat mit frohen Liedern.

Dann lagen wir im Hafen. Engländer kamen an Bord und Polizisten und arabische Träger. Arabisch und hebräisch wurde durcheinander geschrien, und ich führte mit einem arabischen Polizisten das erste hebräische Gespräch.

Das war um halb sechs Uhr. Um sechs Uhr begann die Paßkontrolle, aber wir sollten erst um zehn Uhr an die Reihe kommen. So warteten wir und sahen uns das Leben im Hafen an. — Vom Streik war kaum etwas zu spüren. Juden sprachen mit Arabern und Araber mit Juden. Und dann sahen wir ein weißes Hemd ganz in der Nähe leuchten und ein braunes Kleid: Heinz und Rachel, unsere Führer! Wir winkten — und sie winkten uns zu.

Dann wurden unsere Pässe kontrolliert von Beamten, die eine blauweiße Binde trugen, "Schalom" grüßten und hebräisch sprachen. Wir wurden gegen Typhus und Pocken geimpft. Der linke Arm mit der Typhusspritze ist bei mir und den meisten anderen sehr geschwächt. Die Pockenimpfung am rechten Arm dagegen behindert mich bis jetzt überhaupt nicht.

Wir verabschiedeten uns von dem jüdischen Schiffspersonal und dann — dann haben wir den Fuß auf den Boden der Freiheit gesetzt.

Die Zollkontrolle und alle Formalitäten gingen rasch vorüber. Dann ging es in die Arbeiterküche zum Mittagessen. Da staunte ich einfach. Denn diese Arbeiterküche ist ein großartiges Restaurant, und es gab ein gutes Essen: Obstsuppe, Obstsalat, Fleisch und Gemüse, Tee.

Mit dem Autobus fuhren wir hinauf in das jüdische Villenviertel Hadar Hakarmel. Herrliche Bauten und ein großartiges Kino, vor ein paar Tagen eingeweiht. Wir gingen dann ins Gebäude der Histadruth. Dort sprach unser Führer ganz kurz über die Lage. Die Lage ist schwer. Der Streik dauert an. Die Brände dauern an. In Naaneh steht Tag und Nacht ein Wächter auf dem Dach mit einem Fernglas in der Hand, und es ist jedem verboten, den Ort zu verlassen. Dies, obwohl der Kibbuz mit den Arabern der Umgebung befreundet und daher wohl kaum etwas zu befürchten ist. Im Gegenteil, Naaneh gilt als sehr sicher, und die jüdischen Kleinkinder aus Chulda, einer benachbarten Siedlung, sind zum Schutz hierhergeholt worden. Also nichts zu fürchten, nur Vorsicht! Aber im ganzen ist die Lage ernst.

Um halb drei Uhr ging in Haifa, Hauptbahnhof, unser Zug ab. Sehr schöne neue Wagen, wie bei einem D-Zug Durchgangs wagen, übrigens gibt es besondere Abteile für Frauen.

Dann begann die Fahrt durchs Land. Vorüber an vielen arabischen Stationen und Bahnhöfen jüdischer Kwuzoth. Aber: Chamsin. Wir fuhren zwar ganz dicht am Meer, aber wir konnten durch den heißen Wind kaum atmen, und der Himmel war ganz gelb. Und doch, herrliches Gefühl: Wir fahren durch jüdisches Und!

Im arabischen Ludd sind wir umgestiegen. Dann noch zwei Stationen:  Rechowoth. Dort waren wir um dreiviertel sechs Uhr. Wir werden vom Auto des Kibbuz Naaneh erwartet und in herrlicher Fahrt gehts durch Rechowoth und dann auf einer sehr guten Straße weiter. Dann biegen wir ab und fahren auf Naaneh zu. Schon von weitem sehen wir die weißen Häuser. Und wie stolz sind wir in dem Bewußtsein, dieses Land gehört uns! Mit Gesang fahren wir in den Hof ein. Die Glocke läutet Sturm. Vor uns rasen zwei Wächter auf arabischen Pferden. Wir werden begeistert empfangen! Und unsere Häuser — das sind Paläste mit wundervollen Zimmern und sehr, sehr schönen Möbeln. Wir schliefen ein bißchen und aßen danach Abendbrot. Und abends wurden wir gefeiert. Vierhundert Menschen tanzten Horra — uns zum Gruß.

Uri

Quelle: Jeruschalajim, den... Briefe junger Menschen schildern Erez Israel. Gesammelt und herausgegeben von Rudolf Melitz, Berlin 1936.

hagalil.com 01-05-08

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